▸ Im Kletterwald Greifswald findet man mehr als die üblichen Seilpfade und festgelegten Parcours. Hier regiert die Ungebundenheit. Besucher werden nicht in eine Richtung gedrängt; vielmehr können sie ihre eigenen Pfade durch das grüne Blätterdach schlagen. Diese Freiheit erlaubt es die eigenen Grenzen zu testen, neue Wege zu finden und zu erfahren, was alles möglich ist. Dipl.-Psychologe und Klettertrainer Michael Schicha nimmt uns mit durch die Anlage.

Im nördlichen Bereich des Greifswalder Volksstadions erstreckt sich ein Weg über eine Rasenfläche, die von zwei Waldstücken flankiert wird. Der Baumbestand wurde während der Errichtung des Volksstadions im Jahr 1927 teilweise künstlich angelegt. Als wir 2013 mit unserem Projekt begannen, befand sich dieser Baumbestand in einem Alter von etwa 90 Jahren. Er bestand zu 10 % aus Ahornbäumen, 10 % Eichen, 10 % Eschen, 40 % Hainbuchen und 30 % Rotbuchen. Diese Vielfalt bot die optimalen Voraussetzungen für die Errichtung eines Seilgartens, dessen Seilbahnen die beiden Waldstücke auf beiden Seiten der Rasenfläche verbinden.

Anfahrt

Der hier entstandene Kletterwald Greifswald befindet sich heute etwa zwei Kilometer östlich der Greifswalder Innenstadt im Volksstadion. Er ist über den Nordeingang an der Wolgaster Straße erreichbar, wo begrenzt kostenlose Parkplätze zur Verfügung stehen.

Das offene Konzept schafft Raum für gemeinsames Ausprobieren und Wachsen

Die Anlage

Die Anlage erstreckt sich über eine großzügige Fläche von ungefähr 120 m x 70 m und bietet derzeit insgesamt 51 Plattformen. Von diesen sind 14 bodennah platziert, in einer Höhe von bis zu 1,5 Metern. Weitere 24 Plattformen befinden sich in einer mittleren Höhe von vier bis sechs Metern, während sich die verbleibenden 13 Plattformen im „oberen Stockwerk“ in luftigen Höhen von acht bis zehn Metern befinden.

Hangout

Wer noch höher hinaus will, kann sich schon bald auf eine weitere Attraktion freuen: eine 15 Meter hohe Plattform, die derzeit in Bau ist und von einer etwa fünf Meter darüber angebrachten Hängematte gekrönt werden wird. Von dieser Plattform aus wird es bei gutem Wetter möglich sein, einen sagenhaften Blick auf die Ostsee und die Rügener Steilküste zu genießen.

Eigene Wege gehen

Die Besonderheit des Kletterwaldes liegt in seinem Konzept ohne feste Routen. Während sich die bodennahen Elemente der Anlage ganz klassisch noch auf vier separate Trainingsparcours mit Hängebrücken und Seilbahnen verteilen, sind die hohen Elemente nicht mehr in einzelne Parcours aufgeteilt, sondern bilden ein zusammenhängendes Verkehrssystem, in dem die Richtung und Anzahl der Wiederholungen selbst bestimmt werden können.

Viel Spielraum

Anders als bei herkömmlichen Kletterparks wird man hier also nicht durch vorbestimmte Bahnen gelenkt. Vielmehr ergibt sich aus den Elementen ein nahtloses Netzwerk an Möglichkeiten. Das Ergebnis ist ein dynamischer Prozess, bei dem die Besucher sich gegenseitig ermutigen und herausfordern, den nächsten, höheren Schritt zu wagen. So entsteht eine spielerische Atmosphäre, in der man sich sogar überholen und entgegenkommen kann.

Im Fokus steht das Teamtraining. Der Teameffekt entsteht, wenn Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden

Hoch hinaus und weit gespannt

Die Herausforderungen im Kletterwald sind vielfältig. Von Hängebrücken und Strickleitern bis hin zu Slacklines und Netzen gibt es zahlreiche Elemente, die individuelle und gemeinschaftliche Herausforderungen bieten. Das beste ist, dass man wirklich alle Elemente ausprobieren kann. Den größten Spaß machen mir die vier langen Seilbahnen, die sich über die Freifläche spannen und von denen sich zwei über- beziehungsweise untereinander kreuzen.

Pick’n’Mix

An jeder Plattform stehen den Besuchern zwei bis vier Optionen zur Verfügung. Durch zahlreiche Hängebrücken und die Seilbahnen ist es möglich, schnell überall hin zu gelangen, während etliche Strickleitern Auf- und Abstiege ermöglichen. Zwischen den Plattformen bieten diverse Kletterelemente wie Klappbrücken, Fahrräder, Slacklines und Netze sowohl individuelle als auch gemeinschaftliche Challenges.

Dank des SafetyLine Sicherungssystems wird Überholen und Entgegenkommen im
Kletterwald zum Kinderspiel

Mit Sicherheit

Als gemeinnütziger Sportverein (Institut für Erlebnispädagogik e.V.) bieten wir das Klettern in einem ökologisch versuchsweise nachhaltigen Seilgarten ohne Alters- und Zeitbegrenzung an. Kinder, die nicht in der Lage sind, sich selbst zu sichern, müssen von anderen Personen begleitet werden, die die Sicherung für sie übernehmen.

Sehen und gesehen werden

Unser Hauptaugenmerk liegt auf dem Teamtraining. Obwohl das Klettern auch für Einzelpersonen möglich ist, entfaltet es in der Gemeinschaft seinen wahren Reiz. Hierbei wird nicht nur der Spaßfaktor erhöht, sondern auch die Leistung gesteigert – ganz nach dem Motto: sehen und gesehen werden, helfen und geholfen werden. Der Teameffekt entsteht aus dem gemeinsamen Erleben von Herausforderungen und deren erfolgreicher Bewältigung.

Gemeinsam stark

Wie lässt sich unser Motto in der Praxis umsetzen? Ein dreijähriges Kind wollte unbedingt die großen Seilbahnen ausprobieren, war jedoch noch nicht in der Lage, die Sicherung eigenständig zu handhaben. Also kletterte ich direkt hinter ihm her, übernahm die Sicherung, damit er sich ganz auf das Klettern konzentrieren konnte. Nach seinem ersten Aufstieg rief er begeistert: „Schau, Mama, ich bin hier oben!“ Beim zweiten Mal begann er laut zu singen: „Ich habe es ganz alleine geschafft!“ Und beim dritten Mal drehte er sich mit ernstem Gesichtsausdruck zu mir um und sagte, dass ich nun gehen könne.

Partnerschaften

In unserem Seilgarten wird die Arbeit ausschließlich von engagierten Vereinsmitgliedern ehrenamtlich geleistet, es gibt keine fest angestellten Mitarbeiter. Unsere Kooperationspartner sind die Universität Greifswald, diverse Schulen, andere Sportvereine, Träger der freien Jugendhilfe, die Greifswalder Jugendherberge sowie das Maritime Jugenddorf Wieck.

Picknick im Grünen

Leider sind derzeit keine gastronomischen Einrichtungen im Volksstadion vorhanden. Unseren Gästen steht es aber frei, ihre eigenen Speisen und Getränke mitzubringen. Vor Ort bieten wir Gartenmöbel an, und nach Möglichkeit stellen wir kostenlos Wasser, sowohl mit als auch ohne Kohlensäure, sowie frischen Kaffee zur Verfügung.

Wald im Wandel

Auch unser Wald bleibt vom Extremwetter nicht verschont: In den vergangenen Jahren waren wir Zeuge von wiederkehrenden warmen Perioden während der frühen Sommerzeit, die häufig von mehrwöchigen Trockenphasen begleitet wurden. Diese klimatischen Bedingungen haben insbesondere den Rotbuchen zu schaffen gemacht. Als Reaktion darauf kommt es zu einer lichten Kronenbildung, die wiederum zu einer geringeren Beschattung des Waldbodens führt. Um dem Austrocknen des Bodens entgegenzuwirken, bemühen wir uns, vermehrt Hackschnitzel einzubringen.

Training, Technik, Teamgeist

Wir legen nicht nur Wert auf den Eventcharakter, der einen Besuch unseres Seilgartens zu besonderen Anlässen wie Klassenfahrten, Betriebsausflügen, (Kinder-)Geburtstagen und Abschlussfeiern zu einem unvergesslichen Erlebnis macht. Uns ist es auch ein Anliegen, dass mehr Kinder und Jugendliche regelmäßig zum Training kommen. Wir sind überzeugt von den positiven Auswirkungen des Trainings auf die Persönlichkeitsentwicklung und möchten diese weiter fördern. Gleichzeitig arbeiten wir kontinuierlich an der technischen Weiterentwicklung des Plattformbaus, um sie größer, leichter und haltbarer zu gestalten.

Infos und Kontakt:

Betreiber/Geschäftsführer: Institut für Erlebnispädagogik e.V.

Erbauer: Michael Schicha, Ivar Kairies, Friedemar Keller und Tobias Babian

Anzahl der Parcours: 1 Hochseilgarten mit 4 bodennahen Trainingsstrecken

Anzahl der Elemente: 63

Sicherungssystem: Safety-Line

Gurte, Bandschlingen, Karabiner, Rollen: Singing Rock, Kong, Safety-Line, Edelrid

Helme: Singing Rock, Rock Helmets, Petzl (für bestmögliche individuelle Passform von mehreren Anbietern)

Infos und Kontakt:

Institut für Erlebnispädagogik e.V.

Karl-Liebknecht-Ring 2
17491 Greifswald
Tel.: 0176 4899 2568
eMail: info@greifswaldseil.de
www.greifswaldseil.de