Dürre und Trockenheit: Die jährliche Waldzustandserhebung zeigt, wie sich die Klimakrise auf den Wald auswirkt. Die nachfolgenden Grafiken und Zusammenfassungen zum Zustand unserer Wälder entstammen dem neusten Waldzustandsbericht NRW des Jahres 2021. Für eine nähere Einschätzung sprachen wir mit dem Baumsachverständigen Marc Wilde.

Waldzustandsbericht

Wenn wir uns mit dem Zustand flächiger Baumbestände beschäftigen, empfiehlt sich ein vertiefender Blick in den jeweiligen Waldzustandsbericht. Die Vitalität der Waldbäume wird jährlich nach einer bundesweit einheitlichen Methode erfasst. Hierzu wird für Nordrhein-Westfalen der Zustand von ca. 10.000 Bäumen von forstlichen Fachleuten beurteilt.

Umweltmonitoring

Die Erhebung liefert Hinweise auf die Beziehung zwischen dem Zustand einzelner Baumarten in Abhängigkeit von standortbezogenen Parametern, wie der Temperatur- und Niederschlagsentwicklung, des Kronenzustandes sowie der Krankheits- und Schädlingsentwicklung einzelner Baumarten.

Absterberate 2020

Ein wichtiger Indikator für den Gesundheitszustand des Waldes ist die Absterberate. Dabei werden Bäume der Schadstufe vier (abgestorben, Nadel-/Blattverlust 100%) erfasst. Der langjährige Mittelwert der Absterberate über alle Baumarten lag bis 2018 bei 0,21 Prozent.

Massiver Anstieg

Im darauffolgenden Jahr 2019 lag die Absterberate schon bei 2,4 Prozent. Sie war demnach um den Faktor 10 erhöht. Im Vergleich dazu ist dieser Wert 2020 noch einmal deutlich angestiegen auf 3,98 Prozent. Hier zeigen sich die Effekte der Wetterextreme und der Borkenkäfergradation der drei vorherigen Jahre.

Sorgenkind Fichte

Betrachten wir die Absterberaten differenziert nach Hauptbaumarten, sticht der enorme Anstieg bei der Fichte hervor. Nach einem Anstieg auf 5,7 Prozent im Jahr 2019, hatte die Absterberate der Fichte schon ein Jahr darauf mit 10,53 Prozent den 60-fachen Wert des langjährigen Mittels erreicht.

Witterungs- und Bodenwasserverhältnisse

Die extremen Witterungsbedingungen setzen sich seit Jahren fort. So war zum Beispiel das Frühjahr 2020 überdurchschnittlich warm und trocken. Von Januar bis August fielen nur 85 Prozent der üblichen Niederschlagsmenge. In den Monaten April bis August waren es sogar nur 62 Prozent.

Zu wenig Wasser

Der geringe Niederschlag bedeutete, dass in Zeiten, in denen die Bäume aufgrund der hohen Temperaturen überdurchschnittlich viel Wasser benötigten, deutlich weniger Niederschlagswasser zur Verfügung stand als üblich – und das im dritten Jahr in Folge.

Dürreempfindlich

Fast ein Viertel (23 %) aller Waldflächen in NRW konnten nach ersten Auswertungen der forstlichen Standortkarte als mittel bis hoch bzw. hoch dürreempfindlich eingestuft werden. Der kritische Schwellenwert für Wasserstress wurde auf fast allen Monitoringflächen bereits im Mai 2020 erreicht. Das sind bis zu 1,5 Monate früher als in den beiden Vorjahren.

Komplexerkrankheiten

Besonders problematisch sind die zunehmenden Baumkomplexkrankheiten. Bei Komplexkrankheiten sind verschiedene abiotische Faktoren (wie Hitze, Feuer, Wasser, Wind oder die Emission von Schadstoffen) und biotische Faktoren (wie Insekten oder Pilze) am Krankheitsbild beteiligt. Ein solcher Kombinationsangriff führt häufig zum absterben des betroffenen Baumes.

Die Schäden nehmen zu

Die Klimakrise wird den Befall durch solche Komplexkrankheiten in unseren Wäldern erheblich verstärken. Denn zum einen begünstigt das milderere Klima die Ausbreitung und Vermehrung wärmeliebender Schädlinge. Zum anderen macht der Klimastress die vorgeschädigten Bäume noch anfälliger für einen Sekundärbefall.

Klimakrise im Kletterwald

Alle diese Veränderungen zwingen uns umzudenken. Im Gespräch mit dem Baumsachverständigen Marc Wilde, wollten wir von OBEN wissen, wie er als Experte die derzeitige Situation der Baumbestände in Kletterwäldern einschätzt, welche Form der Vorsorge oder Maßnahmen er für sinnvoll hält und wie eine Zukunft der Seilgartenbranche aussehen kann.

Klimakrise im Kletterwald

Zwar findet Wilde bisher selten Anlagen vor, deren komplette Fläche nicht mehr als Kletterwald genutzt werden kann, aber in vielen Fällen sind große Teile durch Austrocknung oder aufgrund eines Befalls unbrauchbar geworden.

Der Fachmann erkennt den Grund hierfür vor allem in zwei wichtigen Umständen: den Monokulturen in Wirtschaftswäldern und dem Miss-Match von Boden- und Baumarten. Was heißt das genau?

Die Folgen der Trockenheit sind verheerend:
Von Lichten Baumkronen…bis hin zum Baumsterben…über platzende Rinden und kahle Stämme…

1. Problem: Monokulturen

Jahrhundertelang wurden in Deutschland in sogenannten Wirtschaftswäldern Monokulturen gezüchtet. Der ursprünglich vorhandene Mischwald wurde weit zurückgedrängt. Die Konsequenz sind instabile Wälder. Schädlingsbefall und Windwürfe richten in ihnen massive Schäden an. Damit ein Wald seine vielfältigen Leistungen dauerhaft erfüllen kann, also vital und widerstandsfähig bleibt, muss er strukturreich sein.

Mischwälder

Strukturreiche Mischwälder sind stabil, denn der große Artenreichtum macht den Mischwald besonders widerstandsfähig. Die sich ergänzenden Kronen- und Wurzelsysteme versorgen die Bäume oft besser mit Licht, Wasser und Bodennährstoffen. Dazu kommt, dass sich Schädlinge nicht so schnell verbreiten können. Mischwälder sind also resistenter gegen umweltbedingte Herausforderungen wie Trockenheit oder Schädlingsbefall.

Das Problem

Mischwälder haben eine immense Bedeutung im Kampf gegen die Klimakrise. Daher sollten sie so wenig wie möglich von Menschen belastet werden. Entsprechend werden Kletterwälder  hauptsächlich in Wirtschaftswäldern bzw. Monokulturen erbaut. Ein Umzug in einen Mischwald ist keine Alternative. Wir müssen uns und also mit den Bedingungen in den Wirtschaftswäldern arrangieren.

Standortwechsel

Für Marc Wilde heißt das, dass wir uns wohl oder übel von der Vorstellung verabschieden müssen, eine Anlage mehr als 40 Jahre am selben Standort betreiben zu können. Mit und ohne Kletterwald sind die Wirtschaftswälder bei nachhaltiger Nutzung nach 20 bis 30 Jahren nicht mehr rentabel und extrem Anfällig.

Robuste Bäume

Die gute Nachricht: einige Baumarten sind widerstandsfähiger als andere. Douglasien, Kiefern und Lerchen sind wesentlich robuster als Fichten und Tannen. So ist die Lerche zum Beispiel regenerationsfähig: wenn sie erkrankt, wirft sie ihre Nadeln ab und treibt neue gesunde aus.

2. Problem: Miss-Match

Und wie war das jetzt mit dem Miss-Match von Boden- und Baumarten? Der Waldboden ist ein wichtiger Faktor für die Standorttauglichkeit unserer Baumarten. Flachwurzelnde Baumarten wie die Fichte können z.B. tiefer liegende Bodenhorizonte nicht ausschöpfen. Dieses Wasserreservoir ist tiefwurzelnden Bäumen wie der Tanne vorbehalten, die so einen Vorteil zu Trockenzeiten haben.

Standorttauglichkeit

Darüber hinaus wird die Standorttauglichkeit auch davon beeinflusst, ob der Boden zur Verdichtung neigt und wie nährstoffreich er ist. Marc Wilde findet immer wieder Anlagen vor, in denen die Baumart nicht optimal auf den Boden abgestimmt ist. Dieses Missverhältnis führt häufig zu schnellen Krankheitsbildern und Eintrocknungen.

Die Trockenheit schwächt die Wälder, Schädlinge breiten sich immer weiter aus.

Bodenansprüche

Die Buche stellt beispielsweise höhere Ansprüche an die Nährstoffausstattung und Bodenreaktion, während die Fichte wasserspeichernde Böden liebt. Sie ist eine wasserhungrige Baumart, die viel zu oft auf felsigen Böden angebaut wird. Die heute flächig absterbenden Fichtenbestände sind zu einem großen Teil darauf zurückzuführen.

Was können wir tun?

Wir wollen unsere Anlagen so lange wie möglich an einem Standort betreiben. Bei einem Neubau sollte also dringend darauf geachtet werden, dass die Baumarten standortgerecht sind. Douglasien, Kiefern und Lerchen sind in der Regel widerstandsfähiger als andere Baumarten.

So schonend wie möglich

Für neue und bestehende Anlagen gilt: es muss so schonend wie möglich mit den Bäumen umgegangen werden. Verletzungen durch Plattformen können schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Sie kosten dem Baum enorme Kraft und im Fall der Fichte, locken massive Harzaustritte sogar den Borkenkäfer an. 

Ganzheitlich denken

Die Bedeutung des Waldbodens für den Zustand der Bäume darf nicht unterschätzt werden. Trittverdichtungen sind zu verringern. Außerdem sollte weitgehend auf Freistellungen verzichtet werden. Wenn wir Bäume entnehmen, machen wir unseren Wald anfälliger für Sonnenbrände. Je mehr wir eingreifen, desto höher wird die Sonneneinstrahlung auf den Waldboden: die Bäume geraten schlimmstenfalls unter Trockenstress und sterben ab.

Waldzukunft

Die Waldzukunft ist auch unsere Zukunft. Wir stehen vor eine großen generationsübergreifenden Herausforderung: wir müssen die Wälder so gut wie möglich an die klimatischen Veränderungen anpassen und davor schützen. Unsere Wälder werden sich weiter verändern und wir müssen darauf reagieren.

Infos und Kontakt:

Planungs- und Sachverständigenbüro

Dipl. Ing. Marc Wilde
Am Feldweg 8
49525 Lengerich
Tel: 05482 / 926843
Mobil: 0173-9508705
E-Mail: marcwilde@gmx.de
www.marcwilde.de