▸ Veränderungen im Wetter und die Auswirkungen durch die Klimakrise, das merken wir bereits, haben Folgen auch für die Kletterwälder. Denn der Wald und das Ökosystem verändern sich. Diese Veränderungen finden wir nicht nur in der Krone des Baumes, z.B. beim Blattwuchs, sondern auch im Boden.

Warum ein Kletterwaldbetreiber den Blick nicht nur nach oben richten sollte

Aus dem ersten Teil (Ausgabe #035 2023) haben wir mitgenommen, dass der Stoffwechsel in den Bäumen durch falsche Anschlagtechniken massiv gestört werden kann. Wasser wird im Stamm nach oben in die Krone zu den Blättern transportiert. Die durch Photosynthese entstandene Energie wird dann im Kambium nach unten transportiert. Dies passiert im Wesentlichen zur Holz- und Wurzelbildung.

Warum ist aber der Blick nach unten, auf und in den Boden, mindestens genauso wichtig?

Nicht das gesamt Regenwasser ist für den Baum nutzbar

Die langen Trockenperioden und dann oft starken Schauer oder Starkregenepisoden wirken sich auf die Bodenverhältnisse unserer Kletterwälder aus.

Um an das nötige Wasser für die Photosynthese zu kommen, muss der Baum über die Wurzeln das Wasser aufnehmen. Hierfür hat der Baum Feinwurzeln, die das besonders gut können. Durch Osmose (Konzentrationsunterschied zwischen Boden und Wurzel) gelangt das im Boden verfügbare Wasser in die Wurzel. Es ist jedoch nicht das gesamte Wasser im Boden für die Bäume nutzbar.

Wenn ein Niederschlag eintritt, wird zwischen folgende Arten von Wasser unterschieden:

  • Oberflächenabfluss – ist für die Bäume nicht nutzbar.
  • Verdunstung – ist für die Bäume nicht nutzbar.
  • Sickerwasser – durchfließt den Boden und bildet Grundwasser.
  • Haftwasser – verbleibt in der Bodenschicht.

Das Haftwasser ist nur bis zu einem bestimmten Grad für die Pflanzen nutzbar. Denn ist der Boden zu trocken, kann die Pflanze das Wasser nicht mehr aufnehmen, da der Boden nicht aufnahmefähig ist. Hier ist der Welkepunkt erreicht. Es ist dann noch Wasser im Boden, aber eben nicht mehr nutzbar für die Pflanze.

Wozu ist das nun gut zu wissen?

Böden sind unterschiedlich

Das pflanzenverfügbare Wasser ist im Wesentlichen von der Bodenbeschaffenheit abhängig. Boden besteht aus Substrat, Wasser und Luft – das Ökosystem auch noch aus Bodenlebewesen, Pflanzenresten und anderen Prozessrückständen.

Substrat aus Lehm kann im Gegensatz zu Sand viel mehr Wasser im Boden halten. In Sandböden versickert das Wasser sehr schnell. Sand ist aber nicht so anfällig gegenüber Verdichtung wie tonhaltige Böden.

Ist der Boden verdichtet oder stark ausgetrocknet kann das Regenwasser nicht mehr so gut bis gar nicht in den Boden eindringen. Das Wasser fließt dann als Oberflächenwasser ungenutzt ab und verursacht auch Erosion.

Bodenverbesserung mit Mykorrhiza-Impfung: eine gezielte Applikation der Pilze erweitert den Bereich der Wasseraufnahme

Die Humusschicht bedeckt die Böden wie eine Bettdecke

Eine besonders wichtige Rolle spielt im Wald die Humusschicht. Diese Schicht ist die oberste Schicht, die wir auch leicht sehen. Oft können wir sie als „Waldduft“ riechen. In Ihr leben eine unzählige Anzahl von Tieren, Kleinstorganismen, Bakterien und Pilzen. Die Humusschicht kann hervorragend Wasser speichern und langsam wieder abgeben. Sie wirkt dem Oberflächenabfluss erheblich entgegen.

Die Bodenstruktur wird durch die im Humus vorkommenden Organismen erheblich verbessert. Trockenperioden werden durch die Humusschicht abgemildert.   

Die Bodenart unter der Humusschicht ist vom Kletterwaldbetreiber nicht zu beeinflussen. Der Betreiber hat sich für einen Standort entschieden und hat bei der Auswahl des Standortes sicher den Fokus auf Wirtschaftlichkeit und Ausgestaltung der Parcoursverläufe gelegt. Weniger dagegen, ob er einen Sandboden oder einen bereits durch andere Freizeitaktivitäten stark verdichteten Boden vor sich hat.  Was er aber tun kann ist, von Beginn an, sorgsam mit dem Boden umzugehen. Er kann im Voraus schon viel Gutes für den Boden tun.

Im Prinzip verschlechtert der Betreiber oder Erbauer den Standort im Hinblick auf den Boden, sobald er seinen Wunschstandort betritt.

Wie das?

Der Boden leidet immer, sobald er betreten oder befahren wird

Sobald der Waldboden betreten oder befahren wird, findet Bodenverdichtung statt. Bodenverdichtung ist nichts anderes als das Verändern der Bodenstruktur durch Druck. Das Ergebnis ist eine Verringerung des Porenvolumens. Diese Veränderung hat Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und die Mikroökologie im Boden.

Worauf sollten wir also beim Bau und im Betrieb achten?

Ein Wegenetz hilft, den Bodendruck zu minimieren

Schon in der Planungsphase sollte der Erbauer und der Betreiber sich über ein Wegenetz Gedanken machen. Häufiges, „wildes“ hin und her laufen auf der Waldfläche schädigt dauerhaft die Bodenstruktur und macht den Wald anfällig. Es ist einleuchtend, dass in der Bauphase schwere Maschinen wie Hebebühnen, Radlader, Bagger, Kräne oder Traktoren den Boden sehr stark verdichten. Aber auch alleine durch das regelmäßige Begehen richtet man einen erheblichen Schaden an. Der Druck scheint bei einem Menschen nicht sehr hoch zu sein, jedoch addiert sich der Druck bei jeder Begehung, wenn wir auf dieselbe Stelle treten.

Es ist daher sehr wichtig Wege oder Pfade anzulegen, um die Ausbreitung von Schäden zu minimieren.

Beispiele für den Bodendruck:

Mensch auf einem Bein stehend: 0,3kg/cm2
Kettenbagger: 0,5kg/cm2
PKW (je nach Reifen und Luftdruck): 3kg/cm2

Die Auswirkungen können bis zu einem halben Meter in den Boden reichen.

Was sind die Auswirkungen von Bodenverdichtung?

Auswirkungen von Bodenverdichtung

Eine Bodenverdichtung hat vielerlei Konsequenzen:

  • Eine Verringerung des Porenvolumens / Wurzelraumes
  • Eine Verringerung des Bodenwassergehaltes
  • Eine Verringerung des Wasser- und Luftaustauschs
  • Das Verringern von Nährstoffen, die für das Baumwachstum wichtig sind
  • Eine Verringerung der Populationen im Boden, besonders z.B. der Regenwürmer
  • Einen Anstieg der BodenerosionDaraus folgt eine Schwächung der betreffenden Bäume im direkten Umfeld und eine Verringerung ihrer Widerstandsfähigkeit. Der Baum wird anfälliger bei Stress, beispielsweise durch Trockenheit, Borkenkäfer – oder Pilzbefall. Das Risiko eines Ausfalls des Baumes steigt!
Mykorrhiza-Impfungen erfordern Fachkenntnisse: ja nach Baumart und Größe müssen spezifische Symbiosepartner und Dosisanpassungen beachtet werden

Was kann der Betreiber tun?

Humusschicht erhalten und Bodenverdichtung vermeiden

Ziel soll sein, die Humusschicht großflächig zu erhalten und eine Verdichtung des Bodens zu vermeiden. Es macht Sinn schon in die Planung eine Beschränkung der Befahrung und Begehung mit aufzunehmen. Auf Plätzen soll die Verdichtung möglichst kleinstflächig, auf Wegen möglichst linienartig gehalten werden.

Für die Planung vor dem Bau sind folgende Punkte zu beachten:

  • Die Vermeidung von unnötigen Laufwegen, die kreuz und quer durchs Gelände führen
  • Das Benutzen der bereits vorhandenen Wege und Pfade macht Sinn, genauso ggf. vorhandene Infrastruktur ins Wegesystem einbeziehen
  • Das Kennzeichnen von Pfaden und Transportwegen und der Verzicht auf flächiges Befahren
  • Ein- und Ausstiege der Parcours in das Wegesystem integrieren
  • Aufenthaltsplätze für Besucher klar abgrenzen und nicht flächig anbieten

Im bestehenden Betrieb kann der Betreiber darauf achten:

  • Eine Bestandsaufnahme der Ein- und Ausstiege in die Parcours zu machen
  • Abzuklären, welche Wege deutlicher gekennzeichnet werden müssen
  • Welche Wege gesperrt werden können bzw. wo Wege angelegt werden müssen
  • Ob es besonders frequentierte Bereiche, wie z.B. einen Landebereich beim Base Jump gibt

Beispiele und Lösungsvorschläge

Frei liegende Wurzeln entstehen im Kletterwald meist durch häufiges Begehen. Die Humusschicht wird abgetragen und die Wurzeln werden sichtbar. Die Wurzeln sind dann oft Eintrittspforten für Pilze. Im Bild rechten Bild wurde bei der Baumkontrolle der Hallimasch-Pilz entdeckt. Die Gefahr ist groß, dass der Baum in den nächsten Jahren abstirbt und die Standsicherheit nicht mehr gegeben ist.

Eingebaute Gitterplatte oder Paddockplatten helfen den Boden physisch vor Verdichtung zu schützen

Technische Hilfen

Unter das Stichwort „technische Hilfen“ fallen Maßnahmen, die den Besucher davon abhalten, bestimmte Bereich zu betreten oder Maßnahmen, die den Boden physisch vor Verdichtung schützen, beispielsweise der Einsatz von Paddockplatten.

Die Idee, die Wege mit Hackschnitzel zu kennzeichnen und dadurch auch einen Schutz vor Bodenverdichtung zu erreichen, ist gut. Leider ergeben sich durch „Abkürzungen“ häufig wilde Wege, welche für den Standort negativ sind.

Durch ein Abstecken von Ruhebereichen, ist der Aufenthalt für Besucher optisch klar definiert. In der Ruhezone findet keine Bodenverdichtung durch Besucher statt.

Bei Wegen und Plätzen wirken sich wasserdurchlässige Auflagen auf den Wegen positiv aus. Dies können Hackschnitzel oder Gitterplatten sein, wie z.B. Paddockplatten aus der Pferdehaltung. Diese verringern deutlich den Druck auf den Boden und lassen das Wasser bei Regen durch. Die Wasserdurchlässigkeit ist sehr wichtig, da ansonsten der Anteil des Oberflächenabflusses steigt und die Bäume noch weniger Wasser zur Verfügung haben.

Die Platten werden mit Sand oder Hackschnitzeln befüllt und halten dadurch den Boden funktionsfähig. Dies bewährt sich besonders in sensiblen Bereichen, wenn zum Beispiel ein Baum von mehreren Seiten begangen werden muss.

Bodenbelüftung

Eine weitere Methode ist die Bodenbelüftung. Mittels Injektionstechnik wird Luft und bei Bedarf auch Füll- und Nährstoffmaterial in den Boden eingebracht.

Diese Methode ist jedoch noch nicht ausreichend untersucht. Im städtischen Bereich, an Flächen mit Staunässe, scheint die Methode eine positive Wirkung zu haben. Im Wald gibt es hierzu bisher nicht genügend Untersuchungen.   

Biologische Maßnahmen

Als biologische Maßnahme kann eine Behandlung mit Mykorrhiza Pilzen hilfreich sein. Dies ist eine Maßnahme die den Boden verbessert. Die Pilze erweitern den Bereich der Wasseraufnahme. Der Baum kommt durch die Symbiose mit dem Pilz an Wasser, an das er ohne Pilz mit seinen Wurzeln nicht kommen würde. Die Wurzelhaare an den Feinstwurzeln der Bäume sind um einen Faktor von bis zu 10 dicker als die Pilzhyphen. Durch die Symbiose mit den Pilzen steht somit bis zu 30% mehr Wasser aus dem Boden zur Verfügung.

Häufiges Begehen führt oft zu freiliegenden Wurzeln, die als Eintrittspforten für Pilze dienen

Beachte:
Für die richtige Behandlung und Ausbringung ist eine gute fachliche Beratung unverzichtbar. Jede Baumart hat ihre eigenen Symbiosepartner und auch die Menge ist abhängig von der Baumdimension. Es ist nicht zielführend, willkürlich Mykorrhiza-Pilzen auszubringen. 

Zusammenfassung

Bodenverdichtung wirkt sich nachteilig auf den Standort aus. Die Folge sind eine geringe Stresstoleranz der Bäume, Bodenerosion und eine erhöhte Anfälligkeit für Pilzbefall. Schon in der Bauphase kann durch ein sinnvolles Wegekonzept viel Schaden verhindert werden.

Im bereits bestehenden Kletterwald ist es nicht zu spät sich über den Bodenschutz Gedanken zu machen. Eine planvolle Wegeführung und Besucherlenkung, physische Schutzmaßnahmen oder auch Maßnahmen zur Verbesserung des Bodens wirken sich nachhaltig positiv auf den Standort aus. 

Infos und Kontakt:

Dipl. Forstwirt Jochen Steinert

Inspektionen Seilgärten,
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FLL zertifizierte Baumkontrollen
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