▸ Tief im Val d’Anniviers, oberhalb des geraniengeschmückten Dorfes Grimentz in den Walliser Alpen, liegt das Moiry-Tal. Bekannt für seine Schönheit, ist das Tal für erfahrene Bergsteiger und Kletterer vor allem ein Tor zu den spektakulärsten Bergrouten im Wallis. In dieser magischen Umgebung findet sich ein besonders schwieriger Klettersteig: die Via Ferrata de Moiry.

Tiefblicke – auf dem Sportklettersteig geht es hoch hinauf

Das Val d’Anniviers wurde vor Tausenden Jahren von Gletschern und Flüssen gegraben. Ab dem 12. Jahrhundert entstand hier an der Talsohle das alte Dorf Grimentz. In direkter Nähe hält die Staumauer Moiry das Wasser des Flusses Gougra auf 2250 Metern Höhe zurück. 

Der Lac de Moiry

Der türkisfarbene Moiry-Stausee ist nicht nur ein nachhaltiges Mittel zur Energiegewinnung, sondern auch ein beliebtes Ausflugsziel. Die Via Ferrata de Moiry ist dabei ein besonderes Highlight. Der abwechslungsreiche Sportklettersteig führt über windige Felshänge hinauf zum Lac de Moiry.

Beschaffenheit

Der französisch weit gesicherte Klettersteig besticht durch kurze Zu- und Abstiege, ein breites Spektrum an Schwierigkeitsstufen und natürlich einer grandiosen Aussicht auf das Moiry-Tal. Seit einigen Jahren glänzt die Via Ferrata de Moiry sogar mit klettertechnischem Schnick-Schnack wie einer extrem schmalen Balkenbrücke und einem luftigen Kletternetz.

Was Ihr braucht

Der Steig besteht aus drei Teilen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und jeweils eigenem Ausstieg. Streckenweise wird einiges an Arm-Power vorausgesetzt. Für die Begehung wird also eine komplette Klettersteigausrüstung inklusive Handschuhe und Helm benötigt. Für die Extrem-Variante ab dem zweiten Abschnitt gilt: ohne Sicherungsseil geht hier gar nichts..

Erstmal ankommen

Ob mit dem Auto oder dem Zug: ins Val d’Anniviers kommt ihr am besten über die Stadt Sierre.  In die beschauliche Stadt im Herzen des Wallis gibt es regelmäßige Zugverbindungen. Zur weiterfahrt muss allerdings auf ein Postauto umgestiegen werden.

Autofahrer fahren auf der A9 bis Sierre und nehmen anschließend die Ausfahrt 29 Sierre-Est Richtung Val d’Anniviers. Im Dorf Vissoie geht es weiter auf die Route de Grimentz. Im Ort angekommen, müsst ihr nur noch der Route de Moiry bis zu den Parkplätzen am Fuße der Staumauer folgen.

Einstieg

Entlang der Straße unterhalb der Staumauer zweigt ein steiler Weg nach rechts, Richtung Mauer ab. Der längere zickzack Einstieg führt senkrecht auf ein Grasband, durch eine Felsspalte, über einen Vorsprung und schließlich auf ein kleines Plateau. Hier spaltet sich der Steig erstmals auf. Ihr habt die Wahl: senkrecht nach oben startet ihr mit einem mittelschweren Abschnitt. Um direkt auf die anderen beiden Teile zu gelangen, folgt ihr einer Querung nach rechts.

Teil 1: Kraftprobe

Der vertikale erste Abschnitt startet zwar gemäßigt (B/C), aber der ein oder andere luftige Überhang muss dann doch überwunden werden. Bestimmte Stellen sind sehr anspruchsvoll und erfordern  wirklich Armkraft – also nichts für Anfänger.

Talblick

Am Ende gelangt ihr auf einen Felsvorsprung von dem aus das gesamte Val d’Anniviers überblickt werden kann. Am Drahtseil entlang geht es dann zu einer Felskante und entweder weiter über die 80 Meter lange Hängebrücke oder raus über den Notausstieg.

Teil 2: anspruchsvoll mit Belohnung

Bei der Hängebrücke teilt sich Klettersteig neuerdings in eine leichtere linke und rechte Variante. Ihr müsst also nicht mehr über die Hängebrücke gehen, wenn ihr hier abbrechen oder direkt weiter zum Extrem-Abschnitt wollt. Um schnell zur schweren Variante zu kommen, folgt ihr rechts dem Notausstieg, bis ihr zum nächsten Einstieg gelangt.

Rauf zum Lac de Moiry

Genießer nehmen sich links den zweiten Teil (C/D) vor und beginnen mit einem 20 Meter langen Überhang. Noch einige Klimmzüge und schon steht ihr auf der Gite du Lac de Moiry. Hier spiegelt sich die gewaltige Berglandschaft im kalten Wasser des Stausees – der ideale Ort, um etwas Alpen-Luft zu holen.

Teil 3: Extrem-Ferrata

Wer den zweiten Teil überspringt, nimmt direkt den letzten und schwierigsten Teil (D/E) in Angriff. Auch hier startet ihr mit einem Überhang der es in sich hat. Die eigenen Kräfte müssen gut eingeteilt werden, denn nachdem es mühselig an einer Kante entlang geht, folgen noch einige schweißtreibende Hindernisse.

Am Rande der 148 Meter hohen Bogenstaumauer des türkiesgrünen Lac de Moiry

Luftiges Picknick

An einem im Fels verankerten Picknicktisch laufen die schwierige und die mittelschwere Variante wieder zusammen. Wer Proviant eingepackt hat, kann sich hier eine aussichtsreiche Pause gönnen.

Abstieg

Nach einer Stärkung ist es wieder Zeit zu wählen: es kann über ein wackeliges Netz aus Stahlketten oder über die normale Variante zum Ausstieg weitergeklettert werden. Beim Ausstieg gibt es die Möglichkeit direkt abzusteigen. Schöner ist der etwas längere, aber eindrucksvolle Rückweg über die Staumauer zurück zum Ausgangspunkt.

Fazit

Die Via Ferrata de Moiry ist ein Sportklettersteig. Es wird also einiges an Erfahrung vorausgesetzt. Wer Schwierigkeiten hat seine Kräfte und Fähigkeiten richtig einzuschätzen, kann sich am ersten Teil des Steigs orientieren: Kletterer die schon hier Probleme haben, sollten sich gut überlegen den zweiten Teil in Angriff zu nehmen.

Ansichtssache

Weiterklettern lohnt sich. Ihr klettert gegenüber der Staumauer hoch und plötzlich ragt ihr über sie hinaus und erfreut euch der schwindelerregenden Aussicht über den türkisblauen Lac de Moiry. Endlich am Ziel angelangt, ist der Blick über den Moiry-Staudamm ein wahrer Genuss.   

Tipps

Den besten Abschluss findet die Klettertour auf einer Wanderung um den Moiry Stausee. Dabei könnt ihr den Moirygletscher ausgiebig bewundern. An einem windstillen Tag sind die Reflektionen des spiegelglatten Sees besonders beeindruckend. Sehenswert ist bei der Hin- oder Rückfahrt auf jeden Fall auch das Kultur-Juwel Grimentz mit seinen berühmten, von der Sonne schwarz gebrannten Getreidespeichern und den feurig roten Geranien. Der Klettersteig ist noch bis Oktober geöffnet – also nichts wie los ins Val d’Anniviers